Nalli Sonnenschein

Interessenskonflikte im Kabarett

Interessenskonflikte im Kabarett

Wie den meisten von euch bekannt sein dürfte, bin ich nicht im Hauptberuf Kabarettistin. Während der Pandemie hat sich das als Glücksfall herausgestellt. Denn obwohl es zwar schade ist, dass alle Auftritte abgesagt und verschoben wurden, hat es bei mir – anders als bei vielen Kollegen und Kolleginnen – immerhin keinen finanziellen Schaden angerichtet.

Es hat auch immer mal wieder für schöne Pointen gesorgt. Die sexistischen Sprüche des Vertriebschefs oder Irritation über die jungen Studierenden. Solange niemand identifizierbar ist, dürfen sich beide Welten überschneiden und befruchten.

Wissenschaft vs. Kabarett

Jetzt aber sind beide Welten kollidiert. Mein Brot erwerbendes Alter Ego hat ein Projekt angenommen, das uns vor die Frage stellt, ob Kabarett noch geht. Der Kontext ist so, dass ich als Kabarettistin wichtige Themen nicht mehr ansprechen kann. Denn das würde möglicherweise die Frage aufwerfen, wie verlässlich die Arbeitsergebnisse in dem anderen Kontext sind, und ob man darauf vertrauen kann, dass keine Informationen über die Bühne nach außen dringen.

Gleichzeitig habe ich natürlich auch Stolz als Künstlerin. Na klar habe ich überlegt, ob ich euch einfach konsequent nur noch mit Feminismus beschalle. Oder Gedöns. Aber wenn ich während eines Wahlkampfjahres zu wichtigen Themen und Personen nichts sagen kann, warum mach ich denn dann Kabarett überhaupt?

Für die Reinheit, die Wahrheit, die Klarheit

Nur in deinem Kopf, Die Fantastischen Vier

Die Lösung kann deshalb nur lauten: Während der Projektlaufzeit geht Nalli ins Sabbatical. Ich bin immer noch angepisst von mir selber, dass das heißt, während des Wahlkampfjahres kein Kabarett zu machen. Aber meine Integrität ist mir in beiden Rollen heilig. Und ich möchte weder Zweifel an meiner wissenschaftlichen Arbeit noch an meiner Kunst wecken, indem ich zwischen beiden einen Eiertanz aufführe.

Wozu Entwicklungen gut sind, weiß man ja nie vorher. Kann sein, dass ich am Ende des Sabbaticals feststelle, dass ich endlich Vollzeit-Künstlerin sein will. Es läuft da ja auch noch eine Wette mit meiner Freundin Helga über mich und einen Kaiser Markus, äh, Kanzler Söder. Vielleicht wird Nalli in die Persönlichkeit integriert und meine Kommunikation im Job mal unterhaltsamer. Und vielleicht entscheide ich mich auch endlich, Politikerin zu werden statt mich nur aufzuregen, wie das Teile meines persönlichen Umfelds zunehmend lautstark fordern. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur: Egal, wohin du gehst, dich selber nimmst du immer mit. Und ich gehe jetzt der anderen meiner zwei Leidenschaften folgen.

Bis hierher vielen Dank für den Applaus, gehabt euch wohl, und: Geht wählen!

Eure Nalli

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